Was hat Rotary mit dem 20. Juli zu tun?

rotary_Distriktkonf

Der 20. Juli hat sich seit den 50er-Jahren als Gedenktag für den Widerstand gegen Adolf Hitler etabliert. An diesem Tag fand 1944 ein Attentat auf Adolf Hitler statt, ausgeführt durch eine Widerstandsgruppe um den Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

Für Rotarier war die Zeit unter dem Naziregime eine schwierige Zeit. Hin und her gerissen zwischen Anpassung und Widerstand versuchten die meisten, sich mit dem neuen Regime zu arrangieren – bis die „Rotaryklubs“ schließlich wegen ihres „jüdisch unterwanderten Freimaurertums“ (aus einem zeitgenössischen Flugblatt) 1937 ganz verboten wurden. Trotzdem trafen sich Rotarier weiter – heimlich.

Literatur zu Rotary im Dritten Reich

In den letzten Jahren wurde vermehrt zum Thema Rotary im Dritten Reich geforscht, nicht zuletzt und besonders im Rahmen der Initiative „Deutschland von der Mitte der 1920er- bis zur Mitte der 1950er-Jahre“. Diese Untersuchungen geben mehr und mehr Aufschluss über die Lähmung rotarischen Engagements von 1933 bis 1945.

Einer der prominentesten Rotarier, der in den 30er-Jahren unfreiwillig Rotary verließ, war Thomas Mann. Erwin Bischoff beschreibt in seinem Buch „Thomas Mann und Rotary“ (Interforum Verlag Bern), wie das Gründungsmitglied des RC Münchens aus dem Club geekelt und schließlich ins Exil gezwungen wurde. Auch der Historiker Bernd Jeschonnek beschreibt den Weg Manns ins Exil und merkt dabei an, dass dieser sich zunächst durchaus gegen die Braunhemden engagierte und den Nationalsozialismus öffentlich eine „Riesenwelle exzentrischer Barbarei“ nannte.

In der Ausgabe des Rotary Magazins August 2018 wird eindrucksvoll das Schicksal des jüdischen Dichters Karl Wolfskehl beschrieben. Ursprünglich Clubfreund von Thomas Mann im Rotary Club München, gehörte er Ende der 20er-Jahre als führendes Mitglied der Münchner Künstlerszene an. Nach dem Reichstagsbrand 1933 floh er aus Deutschland, über die Schweiz und Italien nach Neuseeland.

„Rotarier unterm Hakenkreuz“ heißt der Titel des Buches von Paul Erdmann, erschienen im Salier Verlag, in dem der Autor die Schicksale von Rotariern in der Nazizeit darstellt und dabei ethisch und exemplarisch auslotet, wie Individuen sich einer Diktaturobrigkeit widersetzen – oder eben nicht – wenn es um Meinungs- und Religionsfreiheit geht.

Nachkriegszeit

An der Geschichte Rotarys in Deutschland wird aber auch deutlich, wie sich eine humanistische Serviceorganisation rehabilitieren kann. So war es nach dem Krieg besonders der Länderausschuss Deutschland-Frankreich als erste von vielen später nachfolgenden Gruppen in Rotary, die sich besonders um bilaterale Beziehungen bemühen, der zur Tat schritt und durch persönliche Kontakte die Aussöhnung mit Frankreich betrieb. Die von den Rotariern konsequent betriebene Friedensarbeit mit dem ehemaligen Erzfeind war für nachfolgende Initiativen bahnbrechend.

Ohne die Komplexität der Geschichte von Rotary im Dritten Reich relativieren zu wollen, lässt sich doch mit gutem Recht die Behauptung aufstellen, dass Rotary aus der Auseinandersetzung mit einer skrupellosen Diktatur folgende Lehre ziehen konnte: Auch als Mitglieder einer „unparteiischen“ und „nicht konfessionell gebundenen“ humanitären Organisation müssen Rotarier und Rotarierinnen Stellung beziehen, wenn ihre Grundwerte von Toleranz und Freiheit gefährdet sind und Menschenrechte missachtet werden. Zur 4-Fragen-Probe als moralischem Richtwert gehören damit auch Zivilcourage und die Bereitschaft, jederzeit für die Rechte des Mitmenschen einzutreten.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s